Von den vollautomatischen Restaurant-Reservierungsautomaten und Gepäckaufbewahrungsautomaten habe ich in Teil 1 schon berichtet, in Busan erwartete uns ein vollautomatisches Hotel. Immerhin, es funktionierte alles, und es war zentral. Unser Zimmer war hoch oben, und wir hatten einen phantastischen Ausblick über den Talkessel. Busan ist aber nicht nur von Hügeln umgeben, sondern auf der anderen Seite auch von Meer. Und weil wir den halben Tag bis auf eine kurze Pipipause im Bus gesessen und nicht wenig Hunger hatten, fuhren wir zum Strand. Der ist in Busan zum Glück nie wirklich weit.
Am Gwangalli Beach war ganz schön was los. Und alles leuchtete, immer noch wegen Buddhas Geburtstag. Meine Freunde überließen mich meiner Kamera und gingen spazieren. Ich hingegen hatte zu tun. Denn es gab im Vordergrund Kiefern, deren Äste gestützt wurden, es gab Schaukeln und Sonnenschirme und im Hintergrund eine Brücke, dazu gab es prächtigen Sonnenuntergang mit violettem Himmel und wie gesagt diverse Leuchtkörper. Dazu viele Menschen. Ach, und im Hintergrund links gab es Hochhäuser. Daraus sollte sich doch irgendwie das ein oder andere Bild zusammenbauen lassen. Ich also ans Werk.
Ich hatte wirklich richtig viel Spaß am Strand und hätte hier locker Tage verbringen können. Es war auch der schönste Strand mit der besten Stimmung. An anderen Stränden drängen sich die Malls oder sie sind einfach öde. Hier spielen abends Bands, zumindest so lange, bis sie wegen Ruhestörung verjagt werden, was ich etwas schade fand.
Am Hügel liegt auch das Gamchaeon Culture Village. Im Koreakrieg hätte Nordkorea einmal fast das gesamte Land eingenommen, bis auf die Gegend ganz im Süden. Entsprechend floh halb Korea dorthin, und rund um Busan entstanden viele ärmliche Siedlungen, unter anderem in Gamchaeon. Bis 2009 war das so, dann beschloss das Ministerium für Kultur und Tourismus, die Sache anzugehen. Der einstige Slum wurde zu einem Künstlerdorf umgewandelt, heute ist er ein bißchen eine Tourifalle. Wenn man mit dem Bus ankommt, scheint alles fürchterlich voll. Aber abseits der drei Trampelpfade hat man das Dorf dann ja wieder mal für sich allein, wie es halt immer so ist.
Einen Tagesausflug wert ist die alte Königstadt Gyeongju. Man kommt von Busan ratzfatz mit dem Zug hin, der schon wieder wahnsinnig günstig ist. Als Korea noch Silla hieß, hieß Gyeongju noch Seorabol und war die Hauptstadt, das war so etwa von 1. bis zum 9. Jahrhundert. Es gibt hier viele merkwürdige Hügel, auf denen man herumwandern kann und wo man orientalische Turteltauben trifft. Also die Vögel jetzt, ich interessiere mich ja für Vögel. Die Hügel sind aber eigentlich Grabhügel der gesamten Aristokratie des alten Silla.
Außerdem gibt es das älteste Observatorium Ostasiens, die Ausgrabung eines Palastes, die Rekonstruktion einer alten Brücke, diverse Tempelchen und Gärtchen und ein wirklich hübsches Dorf. Das ganze Ensemble ist natürlich auch Weltkulturerbe. Es ist ganz schön was los dort, weil Gyeongju auch ein beliebtes Ausflugsziel ist, dementsprechend sind alle Wiesen voller Familien. Heute ist es windig, deshalb lassen alle Drachen steigen. Als es zuzieht, packen alle hektisch ihre Picknickdecken zusammen, denn es soll noch regnen. Wir brechen auch auf, und kurz bevor das Unwetter losbricht, retten wir uns in ein Pony-Café (ja, da gibt es echte Ponys. Also draußen, vor dem Café).
Zurück nehmen wir aber wirklich den TRAIN TO BUSAN (Insiderwitz, bitte googeln) und weil wir naß und durchgefroren sind, ist es heute Zeit für eine weitere koreanische Spezialität: Ginsenghühnchen. Das ist eine sehr gesund schmeckende Hühnersuppe. Meine Freundin bekommt leider trotzdem einen Schnupfen.
Deshalb gibt es am nächsten Tag Schonprogramm. Wir fahren auf eine Insel im Süden, wo ein Touri-Bimmelbähnchen durch die Natur tuckert. Zurück geht es mit der Seilbahn.
Und das war auch schon mein letzter Tag. Am Morgen breche ich mit dem Bus auf nach Incheon, einer Vorstadt von Seoul, dort ist der Flughafen ganz in der Nähe. Incheon ist als alte Hafenstadt dann noch einmal erstaunlich interessant, denn hier befand sich die Kolonialverwaltung der Japaner, als sie die Insel annektiert hatten, auch eine chinesische Niederlassung gab es. Die Japaner haben lauter Banken gebaut, die alle aussehen, als stünden sie in Niedersachsen. Wer einen letzten Abend in Korea zu vertrödeln hat, kann das gut in Incheon tun.
Korea ist, so viel kann ich sagen, ein angenehmes Reiseland. Man kommt mit Englisch erstaunlich weit, wenn man sonst Japan gewohnt ist, wo man mit Englisch exakt nirgends hinkommt. Das Essen ist phantastisch, die Leute sind weitgehend entspannt, der öffentliche Nahverkehr gut ausgebaut, wenn man das System einmal raushat. So ziemlich überall findet man einen guten Kaffee. Aber das sind nur meine Prioritäten, ihr habt vielleicht andere.
10/10, would buy again.
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Wie sehr nerven POV-Videos? Wie Sau, sagt sinngemäß Tim Huynh in einem Youtube-Beitrag. Es gehe nur noch um die Darstellung als Fotograf, kaum noch ums Bild und schon gar nicht darum, gute Bilder zu machen. Es gehe mehr um eine “Urbancore-Ästhetik”, findet Dani C in ihrem Substack-Newsletter. Und am Ende reden Samuel und Tim in ihrer Streetlife-Show (ab ca 1 Std.) auch nochmal darüber. Klar, jeder kennt den ein oder anderen Kandidaten, der mehr mit seiner Kamera posiert und jeden halben Klick filmt, anstatt sich mal zu entspannen, in den Flow zu kommen und geile Bilder zu machen. Klar, ist ne Pest. Weiß nicht, wie sehr man das an POV-Videos festmachen muß und daran, daß ein Magier seine Tricks nicht verrät, wie Tim meint. POV-Videos sind mir ehrlich gesagt egal, ich halte das Gehampel nicht gut aus, aber Tricks kann man mir sehr gerne verraten. Zum Beispiel, indem man mir den Ausschuß zeigt, der zum guten Bild hingeführt hat, was viele in Workshops ja tun und wovon ich schon viel gelernt habe.
Terminkalender
bis 21. Juni: Pia Parolin, Spot on Promenade Moments, Kunstverein Schallstadt
bis 21. Juni: Collateral Eyes stellen aus, Architekten Gallery Netter (siehe auch Begleitprogramm)
28. Juni bis 21. September: WATCH WATCH WATCH – Wer HCB in Hamburg verpasst hat, hat nun noch einmal Gelegenheit im Fotoarsenal, Wien.
29. Juni bis 21. September: Joel Meyerowitz – Die Freude am Sehen. Ernst-Leitz-Museum, Wetzlar
12. Juli: Meet & Street in Dresden! (Am 11. gibt es ab 16 Uhr ein Warm-up im Hechtgarten.)
bis 16. August: Werner Bischof – Zwischen Farbe und Schwarzweiß, Leica Galerie Frankfurt
bis 7. September: “I’m So Happy You Are Here: Japanese Women
Photographers from the 1950s to Now”, Fotografie Forum Frankfurt
bis 14. September: Jupp Darchinger – Das Auge der Republik. Landesmuseum Bonn
bis 28. September: “New York Speaks”, Nina Welch-Kling, vhs-Fotogalerie Stuttgart
bis 12. Oktober: Street Photography. Lee Friedlander, Garry Winogrand, Joseph Rodríguez. Museum Ludwig Köln
vll. schonmal vormerken: am 5. September eröffnet “Harry Gruyaert – Die Welt in Farben sehen” im The Cube der Deutschen Börse, Eschborn und am 27. September in Berlin die Ausstellung “Close enough” mit Bildern von 13 Magnum-Fotografinnen im c/o Berlin.